Ein Link aus einem Thread im E39-Forum.
Alles anzeigenGelocht, geschlitzt, belüftet oder aus Carbon-Keramik: die Auswahl an Bremsenupgrades lässt nach oben hin keine Wünsche offen. Wer auf Qualitätsmarken schwört befindet sich schnell im vierstelligen Eurobereich. Doch trotz der hohen Kosten werden sie euren Wagen im Alltag nicht früher stoppen, im Gegenteil: im schlimmsten Fall verlängern sie diesen noch!
Was stimmt da nicht?
Die Physik des Bremsens
In der Realität ist jede Geschwindigkeitsänderung und somit auch das Abbremsen eine Beschleunigung, in diesem Fall nur in die andere Richtung. Bei jeder Beschleunigung gilt: ein Objekt in Berührung mit dem Boden nimmt die maximale kinetische Energie bis kurz vor dem Schlupf auf. Weniger klugscheißerisch ausgedrückt: der Wagen beschleunigt am besten kurz bevor die Reifen durchdrehen. Im Alltag gut zu beobachten: ob jemand voll in die Eisen geht, um nicht in einen Baum zu fahren oder einfach nur suizidale Gedanken hatte lässt sich genaugenommen anhand der Reifenspuren höchstens erahnen.
Mit der oben getroffenen Annahme lässt sich nur zwei Wegen ein Auto besser abbremsen: den Reibungskoeffizient erhöhen (bspw. weichere Reifen) oder das Gewicht senken. Man beachte, dass beide Möglichkeiten wenig mit Bremsen am Hut haben.
Alles Banane
Jetzt ist das nichts neues und Automobilingenieure haben schließlich in der Schule aufgepasst. Daher kam eine Firma wie Bosch auf die Idee das ABS zu entwickeln, ein System das die Räder nur so stark abbremst bis diese kurz vor dem Blockieren sind (und übrigens dafür von den Automobilbauern für jedes Auto mit ABS Kohle kassiert).
Das Problem: da die Gegebenheiten für den Reifen ständig schwanken, von Temperatur, Straßenoberfläche, Reifendruck und noch vielem mehr abhängig ist kann ein solches System nur reaktiv sein. Daher pulsiert das Bremspedal und es resultiert ein rollen, rutschen, rollen Muster.
Wer hier ein Bremsenupgrade durchführt und die Bremskraft an der Bremsscheibe erhöht sorgt nur dafür, dass das ABS mit noch stärker rutschenden Reifen zu kämpfen hat. Es resultiert kein kürzerer Bremsweg, vielmehr verwirrt die Änderung des Bremsdrucks das ABS im Lösen und Zupacken, der Bremsweg kann sich sogar minimal erhöhen.
Ok, aber wieso werden im Motorsport größere Bremsen verbaut?
Große Bremsen wurden nicht designt um den Bremsweg zu verkürzen, sondern vielmehr um diesen effizient und konsistent zu halten. In der Königsklasse verzögern die Boliden von 240 km/h auf 0 in gerade einmal 2,5 Sekunden und 130 Metern. Dabei erreichen die Bremsscheiben bis zu 1000 °C. In den Safety Car Phasen fällt diese Temperatur auf unter 200 Grad. Motorsportbremsen müssen somit zum einen sehr hohen Temperaturen, als auch den extremen Temperaturspreizungen standhalten. Dafür werden diese konzipiert und gebaut, die Performance ist abhängig von Material, Oberfläche und deren Beschaffenheit. Unter diesen Bedingungen arbeiten diese Bremssystem dann auch besser, als im kalten Zustand und natürlich auch besser als Serienbremsen. Bei der Auswahl des Bremsenupgrades ist somit auf den Einsatzzweck zu achten.
Fazit:
Wer auf der Landstraße ab und an die Reifen quietschen lässt wird kaum Temperaturbereiche erreichen, die den teuren Kauf von größeren Bremssystemen rechtfertigen. Zumal größere Bremsen auch eine Erhöhung der ungefederten Masse bedingt. Diejenigen, die zu Recht den Namen jeder Kurve der Nordschleife aufsagen können sind die eigentliche Zielgruppe, die versteht weshalb ihr Auto beim letzten Bremsvorgang genauso gut bremsen muss wie beim ersten.